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Analyse
US-Wahl Update: Biden geht in Georgia in Führung

US-Election Countdown

Update 06.11 um 10:58 Uhr

Biden geht im Battlegroundstate Georgia in Führung. Nach den ersten Hochrechnungen lag Trump dort anfangs vorne, allerdings konnte Biden, nicht zuletzt durch die jetzt erst ausgewerteten Stimmen der vielen, häufig demokratisch geprägten, Briefwähler, das Blatt noch wenden. Aktuell sind 99% der abgegebenen Stimmen ausgezählt. Der Vorsprung mit wenigen Hundert Stimmen bleibt aber sehr dünn, was eine Neuauszählung wahrscheinlich macht.

Update 05.11 um 17:50 Uhr

Donald Trumps Wahlkampfteam zieht in Nevada vor Gericht. In einer Pressekonferenz wurde gerade bekanntgegeben, dass scheinbar tote und weggezogene Personen Stimmen abgeben konnten. Außerdem wurden wohl Personen die zur Wahl zugelassen worden waren am Wählen gehindert, da bei ihnen bereits eine Stimme registriert worden sei. Konkretere Beweise wurden vorerst nicht geliefert.

Update 05.11. um 13:30 Uhr

Der Ausgang der Senatswahlen bleibt weiterhin offen. Aktuell kommen die Demokraten nur auf 46 Sitze gegenüber 48 republikanischen. In Maine konnte sich die republikanische Senatorin Susan Collins gegen ihre Herausforderin Sara Gideon durchsetzen. Dafür gewann überraschenderweise der Demokrat Gary Peters in Michigan gegen den Republikaner John James. Die einzigen Bundestaaten deren Ergebnisse noch jetzt noch ausstehen, sind North Carolina und Alaska, wo aktuell beide republikanischen Kandidaten führen, sowie Georgia, wo die Wahl aber erst in einer Stichwahl im Januar entschieden wird.

Update 04.11. um 18:42 Uhr

Der Leiter unseres Büros in Washington, Claus Gramckow, gibt am Vormittag nach der Wahl ein kurzes Update.

Update 04.11. um 11:44 Uhr

Aktuell sieht es so aus, als sei ein Gleichstand beider Kandidaten bei den Wahmännerstimmen nicht komplett undenkbar. In einer solchen Situation, in der kein Kandidat 270 Stimmen erhält, sondern jeder Kandidat 269, geht die Entscheidung an das US-Repräsentantenhaus, das aufgefordert wird, den nächsten Präsidenten zu wählen. Dabei stimmen alle Abgeordneten eines Bundestaates in einer Gruppe ab, die jeweils eine Stimme hat. Das heißt, dass die Partei gewinnt, die in der Mehrheit der Bundesstaaten die Mehrheit der Abgeordneten stellt.

Update 04.11. um 11:35 Uhr

Inzwischen hat sich Präsident Trump selbst zum Wahlsieger erklärt. In einigen Bundestaaten, in denen er führt, der Wahlausgang aber relativ knapp sein wird, steht noch die Auszählung zahlreicher Briefwahlstimmen aus. Es handelt sich um Pennsylvania, Michigan, North Carolina und Georgia. Wenn Trump in diesen vier Staaten gewinnt, ist er der Wahlsieger. Er kündigte an, die Auszählung der Stimmen in diesen Staaten durch den Supreme Court stoppen zu lassen. Es ist derzeit unklar, mit welcher Begründung er das tun will. Es dürfte ihm schwerfallen, eine gute Begründung zu finden. Die Behauptung von Wahlbetrug allein reicht dafür bei weitem nicht aus.

Es handelt sich um die Auszählung von Stimmen, die entsprechend der in den Einzelstaaten geltenden Regeln abgegeben wurden. Über die Gültigkeit der einzelnen Wahlzettel können nach der gültigen Rechtsordnung nur die lokalen bzw. einzelstaatlichen Behörden entscheiden.

Die Kompetenz für die Regulierung und Durchführung der Wahlen sowie für die Feststellung der Ergebnisse liegt bei den Staaten selbst. Diese Sichtweise hat der Supreme Court wiederholt bestätigt. Es bleibt abzuwarten, ob und mit welcher Begründung Trump sich tatsächlich an den Supreme Court wendet. Wenn er es tut, wird dies eine Bewährungsprobe für das Institutionengefüge und die unabhängige Rechtsprechung in den Vereinigten Staaten sein.

Update 04.11. um 10:10 Uhr

Wie alles andere in diesem Jahr ist auch diese Wahl beispiellos: Amerika wird am 4. November in Unsicherheit erwachen. Da es noch keinen klaren Sieger gibt, müssen die Amerikaner und der Rest der Welt Geduld haben. Diese Wahl wird erst dann vorbei sein, wenn alle Stimmen ausgezählt sind. Und ausgehend von den Daten zur vorfristigen Stimmabgabe wird diese Auszählung noch relativ lange andauern. In Pennsylvania zum Beispiel werden die Wahlzettel mindestens bis Freitag ausgezählt. Das bedeutet, dass wir möglicherweise erst in den nächsten zwei bis drei Tagen ein Endergebnis haben werden.

In diesem Jahr machte der Anstieg der Zahl der Briefwähler und der vorzeitigen Stimmabgaben die Verfolgung der Wahlnacht und aussagekräftige Prognosen sehr viel schwieriger. Die Pandemie trieb mehr als 100 Millionen Amerikaner dazu, ihre Wahlzettel vorzeitig abzugeben.

 In den meisten Bundesstaaten waren die Ergebnisse zu verschiedenen Zeitpunkten in der Nacht stark verzerrt, je nachdem, wann ein Bundesstaat die Briefwahl, die vorzeitige Stimmabgabe oder die Stimmabgabe an der Wahlurne am Wahltag zählte. Mit anderen Worten, die Ergebnisse am Dienstagabend waren sehr irreführend und werden es auch weiterhin sein, bis wir mehr Klarheit haben, insbesondere in den umstrittenen Staaten Georgia, Michigan, Pennsylvania und Wisconsin.

Eine Wiederholung von Florida 2000?

Bei einem so engen Rennen wie diesem ist eine Wiederholung von "Florida 2000" zu befürchten. Aber es gibt drei weitere Szenarien, die in Betracht gezogen werden müssen.

Wenn es so aussieht, als würden die Ergebnisse sehr, sehr knapp ausfallen und wir wirklich nicht wissen, in welche Richtung das Rennen gehen wird, könnte Präsident Donald Trump versuchen, einen Sieg zu erzwingen, bevor die Staaten ihre Auszählung beenden. Trump hat wiederholt behauptet, dass die Wahl gegen ihn manipuliert sei, und hat sich fieberhaft dafür eingesetzt, die Briefwahl zu unterbinden und die Auszählung der Stimmzettel zu verhindern. Trump kann sich jedoch eine zweite Amtszeit nicht dadurch sichern, dass er sich selbst zum Sieger erklärt.

Es besteht auch die Möglichkeit, dass Joe Biden die Wahl nicht aufgeben wird. In diesem Szenario scheint der Präsident die Wiederwahl gewonnen zu haben, jedoch mit einem sehr geringen Vorsprung und mit einer ganzen Reihe von Unsicherheiten bezüglich der Briefwahl in verschiedenen Staaten. Die Demokratische Partei wird wahrscheinlich enormen Druck auf Biden ausüben, damit er nicht so schnell aufgibt wie Hillary Clinton vor vier Jahren und seinen eigenen Kampf vor Gericht führt, solange es einen berechtigten Anspruch darauf gibt, dass Wahlstimmen nicht richtig ausgezählt wurden oder verworfen wurden.

Das letzte, wenn auch unwahrscheinliche Szenario ist das einer Stimmengleichheit im Wahlmännerkollegium. Die Gründungsväter schufen ein System mit einer geraden Anzahl von Stimmen im Wahlmännerkollegium. In einer Situation also, in der kein Kandidat 270 Stimmen erhält, sondern jeder Kandidat 269, geht die Entscheidung an das US-Repräsentantenhaus, das aufgefordert wird, den nächsten Präsidenten zu wählen. Dabei stimmen alle Abgeordneten eines Bundestaates in einer Gruppe ab, die jeweils eine Stimme hat. Das heißt, dass die Partei gewinnt, die in der Mehrheit der Bundesstaaten die Mehrheit der Abgeordneten stellt.

Auch die Kontrolle des US-Senats steht auf dem Spiel

Bei dieser Wahl geht es nicht nur um die Präsidentschaft. Die Demokraten streben auch eine Mehrheit im Senat an, um ihre Agenda effektiv umsetzen zu können. Die Demokraten haben noch Chancen, den Senat in einer Reihe von umkämpften Rennen inklusive in Arizona, Georgia und Maine zurückzuerobern. Der Senatswahlkampf in Georgia wird erst am 5. Januar 2021 zu einer Stichwahl führen, wodurch sich die Entscheidung darüber, wer die Kontrolle über den US-Senat gewonnen hat, möglicherweise auf das nächste Jahr verschieben wird.

Die Kontrolle über das US-Repräsentantenhaus wird mit großer Sicherheit bei den Demokraten verbleiben.

Ein Land in Aufruhr, egal wer gewinnt

Unabhängig davon, wer gewinnt, wird unter den Amerikanern ein grundsätzliches Unbehagen über die Zukunft Amerikas bestehen bleiben. Dieses Unbehagen beruht auf unterschiedlichen Gründen für die Wähler auf der linken und der rechten Seite.

Die Republikaner fürchten sich vor einem schleichenden Sozialismus innerhalb der Demokratischen Partei und vor einem tiefgreifenden Wandel der amerikanischen Werte. Demokraten fürchten Bedrohungen der Demokratie aus dem Weißen Haus selbst, da sie Trump als jemanden sehen, der die Institutionen und die Rechtsstaatlichkeit des Landes untergräbt. Die Demokraten glauben, dass das Schlimmste der Coronavirus-Pandemie noch bevorsteht; die Republikaner glauben, dass das Schlimmste bereits hinter den Amerikanern liegt.

Diese Spaltung und die Besorgnis, die sich in den vier Jahren der Trump-Administration entwickelt hat, sind in den letzten Monaten weiter gewachsen, während das Land versucht, mit einer Arbeitslosenquote von fast 8 Prozent und 231.000 Todesfällen durch Covid-19 zu kämpfen.

Die Herausforderungen für denjenigen, der als nächster das Amt des Präsidenten übernimmt, werden also gewaltig sein. Eine zweite Trump-Amtszeit könnte bedeuten, dass die USA die verbleibenden multilateralen Organisationen, denen sie noch angehören, einschließlich der NATO und der Welthandelsorganisation, verlassen. Auch die Möglichkeit von Gewalt und zivilen Unruhen ist nicht zu leugnen. Eine Biden-Präsidentschaft müsste zunächst extrem hart daran arbeiten, dem Land wieder ein Gefühl der Normalität zu geben und die gravierenden Spaltungen zu überwinden, bevor sie sich auf andere politische Fragen konzentrieren kann.