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ALDE-Parteitag
Liberales Familientreffen in der Wiege der Demokratie

ALDE-Parteitag in Athen mit Stiftungsbeteiligung
Margrethe Vestager beim ALDE-Parteitag
Margrethe Vestager, Anwärterin um die Vizepräsidentschaft der Europäischen Kommission, beim ALDE-Parteitag in Athen. © ALDE Party

„Δημοκρατία“, Demokratie – nicht ohne Grund gilt das antike Athen als Wiege der Volksherrschaft. Als erste große Stadt mit Herrschaftsansprüchen über das Mittelmeer und eine der ersten großen europäischen Metropolen war Athen zugleich Versammlungsort des weltweit ersten Parlaments und der mehrmals im Monat stattfindenden athenischen Volksversammlung.

Mehr als 2500 Jahre später nutzten rund tausend europäische Liberale beim nunmehr 40. ALDE-Parteitag die attische Demokratie als Inspiration für das erste liberale Familientreffen nach den erfolgreichen Europawahlen im Mai 2019. Die Zahlen der Liberalen sprechen für sich: Über 65 Mitgliedsparteien und 81 Europaabgeordnete, fünf europäische Premierminister, vier EU-Kommissarsanwärter sowie ein künftiger EU-Ratspräsident. Dem Motto des letzten Jahres, "Fight like a liberal", folgte diesmal die selbstbewusste Ansage "Mission is possible – the Renaissance of European Liberalism". Bei der feierlichen Eröffnungsveranstaltung waren sich die prominenten Redner, vom ALDE-Präsidenten Hans van Baalen über die designierte Vize-Kommissarin Margrethe Vestager bis hin zum luxemburgischen Premierminister Xavier Bettel einig, dass es weiterhin viele Herausforderungen beim Streben nach einer modernen, offenen und regelbasierten Gesellschaft in Europa gebe, die es vereint und als nunmehr drittstärkste Kraft im europäischen Parlament anzugehen gelte.

Wie schon die Olympioniken in der Antike ruhen sich Europas Liberale also nicht auf ihren Lorbeeren aus, sondern trainieren bereits für die nächsten Disziplinen. Hierzu zählen vor allem die noch in diesem Jahr anstehenden Wahlen in Spanien, Großbritannien und Rumänien.

Das Engagement der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit beim diesjährigen Parteitag war ein Best Of der zahlreichen Aktivitäten in verschiedeneren Regionen: Neben der Anwesenheit vieler Stiftungskollegen und Delegationen vor Ort bot das offizielle Programm jeden Tag mindestens ein Stiftungs-Fringe-Event mit namhafter Beteiligung.

Höhepunkt war zweifelsohne die Podiumsdiskussion zu Zukunfts- und Innovationsthemen des 21. Jahrhunderts mit der designierten Vize-Digitalkommissarin Margrethe Vestager, Nicola Beer, Europaabgeordnete und Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments sowie Mario Hrebak, Bürgermeister der kroatischen Stadt Bjelovar. Margrethe Vestager führte dem Publikum anhand einer Metapher humorvoll vor Augen, wie Liberale digitalen Herausforderungen der Zukunft begegnen könnten. Viele Delegierte besäßen sicherlich einen Hund, so Vestager. Diesen ließe man zu einem Zeitpunkt von der Leine, wenn er ausreichend domestiziert sei. Ebenso verhalte es sich auch mit Künstlicher Intelligenz, führte Vestager begleitet von zustimmendem Gelächter fort. Innovationen wie automatisiertes Fahren oder Profiling böten zahlreiche Chancen, jedoch müssten unerwünschte Nebeneffekte von nationalen und europäischen Gesetzgebern antizipiert und möglichst behoben werden, bevor man diesen Innovationshund gänzlich freilasse. Vestager rief europäische Liberale auf, dabei mutig zu sein und Risiken nicht zu scheuen.

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Nicola Beer, Mitglied des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) im Europäischen Parlament, plädierte dafür, die Hürden für kleine und mittlere Unternehmen weiter abzubauen, um den Austausch von Innovationen und Kreativität insbesondere für kleinere Akteure im Europäischen Binnenmarkt nicht zu behindern. Als kommunaler Vertreter erklärte Mario Hrebak wie seine Stadt dank einer App finanzielle Transparenz über öffentliche Ausgaben für alle Bürger gewährleistet, was wiederum das Vertrauen in gewählte Mandatsträger und ein Interesse an Politik fördere.

Bei der gemeinsam mit der European Liberal Youth (LYMEC) angebotenen Paneldiskussion zum Thema "Discussing our Future - Young Liberals discussing Pan-European challenges" diskutierten Panelisten aus Bulgarien, Ungarn, Spanien und Griechenland Zukunftsthemen rund um Partizipation, Jugendarbeitslosigkeit, Bildung sowie Umwelt und Entwicklung. LYMEC-Präsidentin und Europaabgeordnete Svenja Hahn ermutigte einleitend Junge Liberale, ihr Alter weniger als Manko denn als Vorteil zu betrachten und Politik aktiv mitzugestalten. Die Friedrich-Naumann-Stiftung ist seit 2013 in Griechenland aktiv und arbeitet dort insbesondere zu Jugendthemen in enger Kooperation mit den Young Liberals Griechenland.

Die European Women’s Academy (EWA), ein gemeinsames Leuchtturmprojekt der ALDE-Partei und der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, gastierte ebenfalls beim Parteitag. Gleich fünf liberale Parteivorsitzende, darunter vier Frauen, diskutierten mit EWA West Direktor Ian Marquardt unter großem Publikumsinteresse Best Practices und Innovationen rund um Kampagnen, Kandidaten und liberale Agenden auf allen politischen Ebenen.

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Mit Blick auf das Jahr 2020 hat die Stiftung für die Freiheit zusammen mit der Liberalen Internationalen am Rande des ALDE-Kongresses die Entwicklung einer Online-Kampagne angestoßen, die ein starkes Zeichen gegen Desinformation und für mehr Medienkompetenz setzen wird. Die Teilnehmer aus elf verschiedenen Ländern haben in dem Workshop erste Ideen für die Online-Kampagne entwickelt, die 2020 starten soll.

Den Abschluss des Parteitags markierte die turnusgemäße Wahl von Teilen des ALDE-Parteivorstands, bei der Hans van Baalen (VVD, Niederlande) erneut als Präsident bestätigt wurde. Zu den neun gewählten Vizepräsidenten gehören fortan Daniel Berg (Momentum, Ungarn), Baroness Sal Brinton (Liberal Democrats, Vereinigtes Königreich), Timmy Dooley (Fianna Fail, Irland), Ilhan Kyuchyuk (MRF, Bulgarien), Alexander Graf Lambsdorff MdB (FDP, Deutschland), Annelou van Egmond (D66, Niederlande) sowie die bereits im Vorjahr gewählten Vizepräsidenten Henrik Bach Mortensen (Venstre, Dänemark), Dita Charanzová MEP (ANO, Tschechien), Luis Garicano (Ciudadanos, Spanien) und der Schatzmeister Gašper Koprivsek (SMC, Slowenien).

Man kommt nicht umhin, gewisse Parallelen zu Sokrates festzustellen: Als eigentlich gelernter Steinmetz und einer der ersten europäischen Intellektuellen seiner Zeit, wollte er Mitbürger zu eigenem kritischen Denken und Handeln anregen. Begleitet vom Anblick der erhaben über der Stadt thronenden Akropolis, welche einst Theodor Heuss als einen der drei Gründungshügel Europas bezeichnete, haben Europas Liberale in Athen nun die Weichen ihrer Zusammenarbeit für Europas Demokratie neu gestellt.

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Carmen Descamps ist European Affairs Managerin im Brüsseler Regionalbüro der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.