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Eine Kolumne von Karl-Heinz Paqué

Afrika
Afrika hat enormes Potenzial

Afrika hat eine riesige historische Chance, einen großen wirtschaftlichen Schritt nach vorne zu machen
Foto: Hafen von Home
© picture alliance / Godong

Globalisierung bietet Chancen und Risiken. Die großen Kontinente unseres Planeten haben diese bisher in sehr unterschiedlicher Weise genutzt: Asien boomt seit Jahrzehnten, Afrika dagegen verharrte lange Zeit in Stagnation. Doch es zeichnet sich eine Wende ab. Ein Grund dafür ist, dass die Anzahl kriegerischer Auseinandersetzungen auf dem Kontinent deutlich abgenommen hat. Das ist eine erfreuliche Entwicklung, aber keineswegs der einzige Grund für die verbesserte Lage.

Tatsächlich muss man tiefer bohren, um die Ursachen der positiven Wende zu erkennen. Zunächst gilt es festzustellen: Das Potenzial Afrikas für eine dynamische wirtschaftliche Entwicklung ist enorm. Afrika hat von allen Kontinenten die jüngste Bevölkerung - 70 Prozent der Menschen sind jünger als 35 Jahre. Eine Trendwende zur Alterung ist lange nicht in Sicht. Deshalb muss Afrika wirtschaftlich wachsen, aber mit seinem enorm großen Pool an motivierten jungen Menschen kann es das auch - vorausgesetzt, dass Schulbildung und berufliche Qualifikation Schritt halten. Genau hier kommt der technologische Fortschritt Afrika entgegen. Der Siegeszug der Digitalisierung liefert eine Chance zum "leapfrogging", wie es Entwicklungsökonomen nennen. Es bedarf heute nicht mehr dichter leitungsgebundener Kommunikationstechnologie, um die Kreativität der Menschen nutzbar zu machen und zu Informationsnetzen zu verbinden. In den weiten, dünn besiedelten Regionen des Kontinents ist dies von enormer Bedeutung. Die Menschen verwenden die neue Technik, um eine Fülle komplexer wirtschaftlicher Leistungen zu erbringen bzw. zu nutzen - vom Online-Banking bis zur medizinischen Versorgung. Jeder,der Afrika besucht, ist beeindruckt von der Omnipräsenz des Smartphones und der digitalen Affinität junger Afrikaner. Dies wird sich in den nächsten Jahren noch verstärken.

Das gilt umso mehr, wenn Handelsbarrieren abgebaut werden, und zwar vor allem in Afrika selbst. Der inner-afrikanische Handel macht weniger als 20 Prozent des gesamten internationalen Handels des Kontinents aus - in Asien sind es 50 Prozent und in Europa gar 70 Prozent. Hier hat das postkoloniale Afrika enormen Nachholbedarf.

Erstmalig gibt es nun die Möglichkeit, diesen Bedarf zu decken. Im Mai dieses Jahres beschloss die Afrikanische Union die Etablierung einer inner-afrikanischen Freihandelszone - AfCFTA genannt. Über 50 afrikanische Staaten planen daran teilzunehmen. Damit entstünde die größte Freihandelszone der Welt, jedenfalls gemessen an der Zahl der beteiligten Länder. Kommt AfCFTA zustande, ist es eine großartige Chance, den jungen Kontinent in eine neue Dimension der globalen Arbeitsteilung zu überführen, und zwar vor allem durch den Aufbau neuer Wertschöpfungsketten in Afrika selbst.

Darüber hinaus könnte AfCFTA zu einem völlig neuen politischen Verhältnis mit Europa führen. Spricht Afrika endlich mit einer handelspolitischen Stimme, wird es der Europäischen Union viel schwerer fallen, Forderungen nach Abbau des EU-Protektionismus abzulehnen. Gerade im Bereich von Agrarprodukten könnte dies einen Entwicklungsschub für Afrika bringen. Zugegeben: Das alles ist noch Zukunftsmusik. Aber immerhin: Erste Weichen sind gestellt. Die Arbeit in Afrika kann beginnen: Für ein nachhaltiges und inklusives Wachstum auf Grundlage der Globalisierung und Digitalisierung.