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Die fünf spannendsten Start-ups in Afrika

Innovation, die Leben verändert

Afrika ist ein riesiger Kontinent. Zwar produzieren seine 1,2 Milliarden Einwohner eine jährliche Wirtschaftsleistung von nur $3,3 Billionen (nominales Bruttoinlandsprodukt) und damit weniger als Deutschland mit seinen rund 80 Millionen Einwohnern ($3,5 Billionen). Dennoch wird Afrika aufgrund seines demographischen Profils als potenziell wichtiger Zukunftsmarkt betrachtet. Während im Rest der Welt die Bevölkerung altert, ist sie in Afrika jung. So betrug das afrikanische Medianalter laut den Vereinten Nationen unter 20 Jahre, für den Rest der Welt lag es bei über 30 Jahren (Deutschland: 44 Jahre).[1] Zudem gelten viele Märkte in den wohlhabenden Ländern als gesättigt, während es in Afrika aufgrund der Rückstände bei Investitions- und Verbrauchsgütern ein hohes Wachstumspotenzial gibt.

Es sollte also nicht überraschen, dass es in vielen afrikanischen Ländern quirlige Gründerszenen gibt, einerseits aufgrund der jugendlichen Bevölkerung und andererseits, weil Mängel und Knappheit erfinderisch machen. Das Internetportal für Start-ups angel.co listet knapp 5.000 afrikanische Start-ups mit einem Durchschnittswert von $3,4 Millionen auf.[2] Laut Fachberichten sichern sich Start-ups jährlich mehrere hundert Millionen Dollar an Finanzierung, Tendenz steigend.[3] Die Investitionen konzentrieren sich jedoch überwiegend auf die größten Regionalmärkte: Kenia in Ostafrika, Nigeria in Westafrika und Südafrika im Süden.[4]

Welche sind die fünf aussichtsreichsten Start-ups Afrikas?

1: Sproxil (Ghana)

Viele Gründungen entstehen aus der Erkenntnis, dass es spezifische Probleme gibt, die einer Lösung bedürfen, die es in den Industrienationen noch nicht gibt. So stellen zum Beispiel gefälschte Medikamente in vielen Ländern ein Riesenproblem dar. Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Man stelle sich vor, das eigene Kind hat hohes Fieber, übergibt sich und hat Schüttelkrämpfe – typische Anzeichen von Malaria. Man ist erleichtert, auf einem Markt ein Antimalariamittel gefunden zu haben. Doch das Mittel wirkt nicht, und einige Tage später stirbt das Kind.

Solche Tragödien wiederholen sich täglich hundertfach. Laut Weltgesundheitsorganisation sterben in Afrika allein an Malaria jährlich 120.000 Menschen, weil sie gefälschte Medikamente einnehmen, die den falschen Wirkstoff, die falsche Dosierung oder überhaupt keinen Wirkstoff enthalten.[5] Hierfür entwickelte der Ghanaer Ashifi Gogo eine Lösung: Sein Unternehmen Sproxil druckt auf die Medizinverpackungen teilnehmender Pharmaunternehmen einen Code auf, der unter einem Aufkleber verborgen ist. Als Käufer des Medikaments kratzt man den Aufkleber ab und schickt den Code per SMS an eine Hotline, die umgehend zurückmeldet, ob das Medikament echt ist oder nicht. Eine einfache Lösung, die potenziell hunderttausende Leben retten kann.[6]

2: ThisIsMe (Südafrika)

In Südafrika verspricht das Unternehmen ThisIsMe, die Identitätsverifizierung einfacher und sicherer zu gestalten. Insbesondere online kommt es häufig zu Betrugsfällen, da es vergleichsweise einfach ist, sich als jemand anderes auszugeben und zum Beispiel per Phishing-Angriff die Kontrolle über das Bankkonto einer anderen Person zu erlangen und dieses zu leeren. Zum anderen ist die Verifizierung, z.B. bei der Kontoeröffnung, umständlich und langwierig. ThisIsMe übernimmt die Verifizierung und verspricht vier Hauptvorteile: Zeitersparnis bei der Interaktion mit Banken und Behörden (soweit diese die ThisIsMe-Verifizierung anerkennen); Datenschutz – Benutzer des Dienstes entscheiden bewusst, wer Zugriff auf ihre Daten erhält; Sicherheit – auf Online-Plattformen lässt sich feststellen, ob die Gegenpartei tatsächlich die ist, als die sie sich ausgibt; und viertens Vermeidung von „Shared Sign-In“, d.h. die Nutzung von Diensten wie Facebook oder Gmail, um sich bei neuen Websites anzumelden, eine als unsicher geltende Vorgehensweise, bei der man sein Onlineverhalten offenlegt. Das Unternehmen plant auch, Blockchain-Technologien – die auch Kryptowährungen wie Bitcoin zugrunde liegen – in sein Angebot zu integrieren.

3: Quali Health (Südafrika)

Quali Health, ebenfalls aus Südafrika, ist ein weiteres Start-up, das marktgerechte Lösungen zu entwickeln versucht. In diesem Fall geht es darum, dass es in Südafrika zwar ein sehr gut funktionierendes und hochentwickeltes privates Gesundheitssystem gibt, während sich das öffentliche System, auf das der Großteil der Bevölkerung gezwungenermaßen zugreift, in einem katastrophalen Zustand befindet. Die 37-jährige Ärztin Nthabiseng Legoete hat darauf reagiert, indem sie eine Kette privater Kliniken gegründet hat, die ganz auf Kompetenz, Kundenservice und niedrige Preise ausgelegt sind. Die erste Klinik wurde im Mai 2016 im Armenviertel Diepsloot in Johannesburg eröffnet; im September war sie bereits profitabel und behandelt etwa 3.000 Patienten pro Monat.[7] Die Gründerin investierte ihre gesamten Ersparnisse, lieh sich Geld von Familie und Freunden und sicherte außerdem Mittel von der südafrikanischen Entwicklungsbank, DBSA. Eine Arztvisite wird mit R250 (umgerechnet ungefähr €16) berechnet. Für viele Patienten ist das ein Tageslohn. Ein hoher Preis, den sie jedoch für korrekte und schnelle Behandlung zu bezahlen bereit sind.

4. Jamii (Tansania)

In Tansania erkannte Lillian Makoi ebenfalls eine Lücke im Gesundheitsmarkt: Die wenigsten Tansanier verfügen über eine Krankenversicherung. Im Krankheitsfall drohen also häufig dramatische Konsequenzen. Sie gründete daher im Jahr 2015 Jamii, ein Mikroversicherungsunternehmen, das sich insbesondere an den unterversorgten Markt der ärmeren Bevölkerungsschichten richtet – allein in Tansania sind das 50 Millionen Menschen.[8] Das Start-up setzt Technologie gezielt ein, um zu möglichst niedrigen Kosten Versicherungspolicen zu verwalten und mit den Kunden zu interagieren – die kostengünstigste Versicherungsoption beginnt bei $1 pro Monat. Für 2017 ist die Expansion nach Ghana, Kenia, Uganda, Nigeria und Südafrika geplant.

5. Wefarm (Kenia)

In Kenia starteten Kenny Ewan und Claire Rhodes 2015 nach mehrjähriger Probephase den Peer-to-Peer-Dienst Wefarm. Ziel war es, es Farmern zu ermöglichen, anderen Farmern per kostenfreier SMS Fragen zu stellen und darauf Antworten zu erhalten. Insbesondere in ländlichen Gebieten ohne Internetanbindung und moderne Technologie stellt sich dies für Landwirte als wertvolle Hilfe heraus, die es ihnen erlaubt, Erträge zu steigern, Neuerungen kennenzulernen, kommerzielle Kleinbetriebe zu starten und Haushaltseinkommen zu verbessern. Wefarm wertet die über die Plattform versandten Nachrichten darüber hinaus aus, um anderen Akteuren in der Lieferkette Informationen als Entscheidungs- und Handlungsgrundlage zu bieten. Der Dienst ist bereits in mehreren Ländern weltweit verfügbar – Fragen und Antworten werden übersetzt, so dass Hilfestellungen selbst über Sprachbarrieren hinweg ausgetauscht werden können. [9] Obwohl über 90% der Benutzer SMS zum Informationsaustausch benutzen, ist der Dienst technisch bereits auf die Kommunikation übers Internet eingestellt.[10]

Wie diese Beispiele zeigen, mangelt es auch in Afrika nicht an Kreativität und Erfindergeist. Der Prozess, bei dem Menschen durch den Einsatz von Technologie ihr Leben verbessern, steht noch ganz am Anfang, wird aber sicherlich in Afrika so wie in anderen Teilen der Welt zu dramatischen Änderungen – und Verbesserungen – im Lebensalltag von Millionen von Menschen führen.