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Europawahl

Frauenbild und Frauenrechte: Eine Analyse von rechtspopulistischen Parteiprogrammen vor der

Zwei Frauen mit einem Schild "Rassissmus ist keine ALternative" stehen bei einer Demonstration für Europa
© picture alliance/dpa | Roberto Pfeil

Mit den anstehenden Europawahlen droht ein Rechtsruck im Europäischen Parlament. Der zunehmende Einfluss von Parteien am extrem rechten politischen Rand kann Folgen für das Zusammenleben in der Europäischen Union (EU) haben – besonders für Minderheiten und Frauen. Im Fokus der nachfolgenden Analyse stehen die Wahlprogramme und Agenden von europäischen rechtspopulistischen Parteien. Untersucht wurde, wie die ausgewählten Parteien Gleichstellung und geschlechtsspezifische Themen bewerten, in Zukunft fördern oder gar gezielt einschränken wollen. Daraus ergibt sich auch, inwieweit Frauen bestimmte Rollen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft zugeschrieben werden.

Im Vordergrund des Untersuchungsinteresses standen die Gemeinsamkeiten rechtspopulistischer und rechtsextremistischer Parteien. Die Wahlprogramme und politischen Agenden folgender Parteien (in alphabetischer Reihenfolge) wurden analysiert:

• Alternative für Deutschland (AfD – Deutschland)
• Fidesz (Ungarn)
• Fratteli d’Italia (FdI – Italien)
• Partij voor de Vrijheid (PVV – in dt. übersetzt: Partei für die Freiheit – Niederlande)
• Prawo i Sprawiedliwość (PiS – in dt. übersetzt: Recht und Gerechtigkeit – Polen)
• Rassemblement National (RN – Frankreich)
• Vox (Spanien)

Alle Wahlprogramme wurden in den jeweiligen Landessprachen gelesen und von den Autorinnen übersetzt und nach vorher definierten Schlagwörtern analysiert.

Georgia Meloni wurde von Frauen wie von Männern gewählt - trotz ihrer traditionellen Familienpolitik

Georgia Meloni wurde von Frauen wie von Männern gewählt - trotz ihrer traditionellen Familienpolitik.

© Massimo Percossi/ANSA/picture alliance

Das Familienbild rechtspopulistischer Parteien

Die Untersuchung führte zu eindeutigen Ergebnissen. Das Frauenbild zeichnet sich in den Parteiprogrammen und politischen Agenden durch eine Reihe von Gemeinsamkeiten aus: In den rechtspopulistischen Parteien Europas werden als Frauen diejenigen verstanden, die heterosexuell sind, in einer Ehe mit einem Mann leben und keinen Migrationshintergrund haben. Frauen werden besonders dann als Frauen von rechtspopulistischen Parteien betrachtet, wenn sie Schwangerschaftsabbrüche ablehnen und viele Kinder gebären wollen.

Rechtspopulistische Parteien haben in Europa eine weitere große Gemeinsamkeit: ihr Familienbild. Es ist traditionell, heteronormativ und zeichnet sich alleinig durch eine Ehe zwischen Mann und Frau aus. Eine Ausnahme ist die französische Partei Rassemblement National, die auch alleinerziehende Mütter fördern will.

Das Vorhaben, die „traditionelle“ Familie fördern zu wollen, nimmt mehrere politische Ziele in den Blick. Zum einen soll durch den eigenen ethnisch-nationalen Nachwuchs dem vorherrschenden Demographieproblem in vielen Ländern entgegengewirkt werden. Zugleich wird so die inhaltliche Strategie einer rechtspopulistischen Migrationspolitik verfolgt. Ablehnung von Migrantinnen und Migranten, zum Teil bis hin zur Hetze, ist in den Parteiprogrammen und Agenden unterschiedlich stark ausgeprägt. Die traditionelle Familie steht bildlich für die eigene Nation, die gestärkt, gepflegt und von innen heraus ausgebaut werden soll – mit eigenen Nachwuchsbürgerinnen und -bürgern. Andere Lebens- und Familienmodelle werden überwiegend abgelehnt.

Negierung individueller Freiheitsrechte

Mit der Fokussierung auf die Familie als geschützte Einheit versuchen extrem rechte Parteien aber auch gezielt, das Kollektiv in den Vordergrund und damit über das Individuum zu stellen. Damit soll die wesentliche Errungenschaft der liberalen Demokratien systematisch unter dem Vorwand der Förderung vermeintlich familienfreundlicher Werte geschwächt werden.

Individuelle Freiheitsrechte, wie etwa das grundlegende Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper, werden von rechtspopulistischen Parteien vielfach negiert. Dies zeigt sich in teilweise grotesken Forderungen rechtspopulistischer Parteien, wenn es um Abtreibungen geht. Die Analyse umfasst deshalb auch am Ende einen Ausblick auf die jüngste Diskussion auf europäischer Ebene rund um das Recht auf Abtreibung und eine etwaige Aufnahme in die Charta der Grundrechte der Europäischen Union.